auf Anfrage:
Erstellen professioneller Videodokumentationen, von der Konzeption bis zum fertigen Film.
3-5 Tage auf Anfrage – für (Quer-)Einsteiger, Printjournalisten und Fotografen, die ihr Kompetenzfeld erweitern wollen.
Kamera-Intensiv-Workshop.
3-5 Tage auf Anfrage. Kameratechnik, Lichttechnik, Bildgestaltung, Szenenauflösung, 4K-Workflow, Arbeit mit Kameradrohne und Gimbal – für Einsteiger, Print-Journalisten und Fotografen, die ihr Kompetenzfeld erweitern wollen.
Schnitt und Postproduktion – vom Rohmaterial bis zur Endfassung.
3-5 Tage auf Anfrage. Projekt-Organisation, Montagetechniken, Rhythmus, Erzähldramaturgie, szenisches Schneiden, dokumentarisches Schneiden, Archivierung, 4K-Workflow – für (Quer-)Einsteiger, Printjournalisten und Fotografen, die ihr Kompetenzfeld erweitern wollen.
Wenn Sie Interesse an unseren Workshop-Angeboten haben, schreiben Sie uns bitte unter workshops@september-film.de.
Video-Journalismus – Berufsbild und Perspektiven
Mit der Digitalisierung der Medien verändern sich Berufe und Arbeitsweisen auch im Fernsehen dramatisch. Angestammte Berufsbilder sterben aus, neue entstehen.
Die Vereinfachung der Handhabung von Kameras, Bildbearbeitungen, Schnittplätzen und anderer Produktionsmittel führt in weiten Bereichen weg vom Spezialisten hin zum Allrounder. Der Preisverfall tut sein übriges. Für den Gegenwert einer Urlaubsreise kann man sich im Elektronikmarkt fernsehtaugliches Equipment kaufen. Nach einer Zeit der Abgrenzungsversuche besinnen sich mittlerweile gerade öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten mit dem Rotstift im Nacken auf den Einsatz der neuen Technologien. Allrounder übernehmen Tätigkeiten, die früher Spezialisten vorbehalten waren. Die Branche befindet sich im Umbruch. Das Berufsbild des Videojournalisten gewinnt unaufhaltsam an Bedeutung.
Geschichte. Michael Rosenblum, dienstältester Ausbilder für Videojournalisten und glühender Verfechter der Einzelkämpfer mit DV-Kamera und Laptop-Schnittplatz, erklärte die mangelnde Effektivität großer TV-Sender damit, dass sich mehrere hundert Reporter wenige Kamerateams teilen müssten. Das sei genauso, als hätten die Reporter einer Zeitung nur wenige Bleistifte zur Verfügung, die sie untereinander teilen müssten. Bald werde jeder News-Reporter eine eigene Kamera und einen eigenen Schnittplatz haben. In den kommenden Jahren werde man bei der britischen BBC jedem Newsreporter diese elektronischen Bleistifte an die Hand geben. Das werde das Fernsehen revolutionieren. Rosenblum: „Das Fernsehen, so wie wir es jetzt kennen, ist in spätestens fünf Jahren tot“.
Arbeitsweise. Im Prinzip arbeiten Video-Journalisten (Branchenkürzel „VJ“) wie „große“ Fernsehteams – nur eben alleine: Ein Videojournalist sucht sich seine Bilder und Gesprächspartner, dreht seine Sequenzen, wie er sie später im fertigen Beitrag haben möchte, und schneidet die aufgenommenen Bilder schließlich an seinem Laptop selbst. Möglich wird die neue Produktionsweise durch kleine, leistungsstarke Kameras und mobile Schnittplätze.
Einsatzgebiete. Der Kostendruck in den Sendern fördert den Durchbruch des Allrounders gegen eine starke Lobby von Traditionalisten. Die einen haben Angst um ihre Arbeitsplätze, die anderen erwarten eine Verschlechterung des Programms. Die Anhänger herkömmlicher arbeitsteiliger Produktions-Methoden bezweifeln, dass die gegensätzlichen Talente von Reportern, Kameraleuten und Cuttern vereinbar seien. Doch die Wirklichkeit ist ihnen weit voraus. Überall auf der Welt beliefern Videojournalisten seit langem Nachrichten- und Magazinsendungen, die dadurch nicht schlechter werden, sondern eher besser im Sinne von aktueller, bunter, vielseitiger.
Überall in Europa setzen Fernsehsender inzwischen auf Videojournalisten, allen voran die britische BBC. Auch Deutschland, behäbiges Schlusslicht in der weltweiten Entwicklung, hat mittlerweile großangelegte Pilotversuche hinter sich. Der Hessische Rundfunk, eine der finanzschwächsten ARD-Anstalten, bildet TV- und Hörfunk-Journalisten im großen Stil zu Videojournalisten weiter und gibt sich zufrieden. Jan Metzger, Programmchef des „hr-fernsehen“, spricht von „persönlicheren Geschichten“ ohne den „großen Auftritt“ des Fernsehens, der die Leute am Drehort erstarren lasse. Sein Ausbilder Berndt Kliebhan spricht von „minimal-invasivem“ Fernsehen.
Vorteile. Interviews und Beiträge sind näher am Protagonisten und dem Geschehen, wirken unmittelbarer und weniger distanziert. Durch den Einsatz von Videojournalisten erwarten Optimisten neben der Kostenersparnis eine neue Blüte des Autorenfilms mit der Herausbildung von individuellen Handschriften wie in der Welt des Zeitungs-Journalismus. Das Programm werde bunter werden. Denn mit den neuen Technologien und den Videojournalisten kann der arbeitsteilige Prozess fortfallen, der zwecks Erhaltung der Betriebssicherheit bisher meist auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner stattfindet und zu einem Fernsehen führt, das aussieht, „als werde immer wieder das gleiche Formular ausgefüllt“ (Michael Rosenblum). Damit ist der Fernseh-Alltag äußerlich dort angekommen, wo namhafte Dokumentarfilmer schon lange arbeiten: bei der nahtlosen Verbindung der drei Disziplinen Storytelling, Kameraarbeit und Schnitt. Hochleistungsfähige kleine Camcorder und schnell arbeitende Computerschnittplätze, allesamt immer kleiner, kostengünstiger und unkomplizierter in der Handhabung, machen diese hochintegrierte Arbeitsweise auch für das tägliche Fernseh-Business attraktiv.
Perspektiven. Da Videojournalisten noch nicht lange für die Sender anerkannt arbeiten können, gibt es auch noch keine breite berufserfahrene Basis dieser Zunft. Man hält vorerst den Ball flach, schickt die Neulinge aufs Land und betraut sie mit den überschaubaren Bereichen der Lokal-TV-Berichterstattung. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ausbildung. Das Berufsbild des Videojournalisten ist so jung, dass es auf dem deutschen Markt noch kein breites oder gar standardisiertes Angebot an Ausbildungen gibt. Die Palette reicht vom Wochenend-Schnupperkurs bis zur dreijährigen Voll-Ausbildung für Berufsanfänger.
Weltweit bestimmt der VJ-Pionier Michael Rosenblum mit seiner Trainingsfirma Ass. Rosenblum New York den Ausbildungsmarkt. Praktisch jeder grössere Fernsehsender, der Mitarbeiter zu Videojournalisten weiterbilden will, orientiert sich am Schulungskonzept des Altmeisters. Ausgangspunkt ist ein sogenanntes Boot-Camp, ein dreiwöchiger Intensivkurs an einem abgelegenen Ort.
Die Teilnehmer werden hier aus ihrer alltäglichen Arbeits- und Privatumgebung herausgelöst, um ohne Ablenkung durch ihren gewohnten Alltag mit den drei Disziplinen des Videojournalisten – journalistisches Handwerk, Drehen und Schneiden – vertraut gemacht zu werden. Jeder einzelne Teilnehmer arbeitet von Anfang mit eigenem Camcorder und Laptop-Schnittplatz. Er realisiert damit selbstständig Übungsfilme und erfährt Beratung für Dreh, Schnitt und Storytelling durch die Trainer, und auch Kritik durch die Gruppe.
Austausch in der Gruppe. Da die angehenden Videojournalisten über weite Strecken allein arbeiten, kommt dem kontinuierlichen und intensiven Austauschprozess in der Gruppe eine große Bedeutung zu. Die Intensivkurse werden nicht durch Wochenenden unterbrochen und die Trainingszeiten können die üblichen Arbeitszeiten überschreiten – Probe für den Ernstfall. Von Ausbildungen unter einem Jahr sollte man keine Wunder erwarten, insbesondere nicht als Einsteiger. Die kombinierte Beherrschung der Aufgabenfelder Storytelling, Kamera und Schnitt erfordert einige Erfahrung und Übung. Wer nicht qualifizierter Mitarbeiter eines Fernsehsenders ist und an hausinternen Weiterbildungsangeboten teilnehmen kann, muss für die Ausbildung erhebliche Investitionen einplanen, die es abzuwägen gilt. Denn für die vielfältigen Anforderungen der drei zusammengeführten Disziplinen ist nicht jeder gleichermaßen geeignet. Dies lässt sich am besten mit kürzeren praxisorientierten Videojournalisten-Workshops herausfinden.
Zukunft. Die interdisziplinäre Vielseitigkeit der Ausbildung zum VJ ist verführerisch. Einige der spannendsten Dokumentarfilme der letzten Jahre sind mit den Mitteln des VJs entstanden. Dass sich diese Qualitäten nicht immer in den regulären Fernsehbetrieb übertragen lassen, ist naheliegend und fordert die Verantwortung der Sender. Vielleicht können sich in den wachsenden privaten Lokal- und Internet-Sendern ja sogar Nischen für spannende Formate herausbilden, die nicht von Sensationsgier geprägt sind. Ganz ungeachtet dessen verspricht die Ausbildung zum Videojournalisten dem Neuling und Quereinsteiger eine gute Grundlage für die weitere Orientierung im Fernseh- und Mediengeschäft.
© Andreas Wunderlich / erschienen in Film & TV-Kameramann und PC Video